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Mia Couto: Imani

Imani

Mia Couto erzählt in „Imani“ eine etwas andere koloniale Geschichte aus Mosambik. Das zweitgrößte Königreich Afrikas rückt gegen die Kolonialmacht aus Europa vor – und Portugal ist pleite. Dazwischen steht das Mädchen Imani, das beide Sprachen spricht.

Die Geschichte beginnt in dem kleinen Dorf Nkokolani, wo die 15-jährige Imani mit ihrer Familie lebt. Die Familie Nsambe gehört zum Volk der VaChopi, die von der Küste Mosambiks ins Landesinnere fliehen mussten. Imanis Vater Katini ist ein Trinker und Träumer. Ihre Mutter Chikazi Makwakwa hat von Geburt an eine Krankheit, die sie keinen Schmerz fühlen lässt. Großvater Tsangatelo trägt sein eigenes Schicksal und begibt sich freiwillig in die Minenarbeit in Südafrika. Und die Brüder Mwanatu und Dubula wurden zu Gegnern, als sie sich unterschiedlichen Kriegsparteien anschlossen.

Portugal im Grenzgebiet

Nkokolani liegt an der Grenze zwischen dem Kolonialgebiet Portugals und dem Königreich Gaza – einem der mächtigsten Bantu-Königreiche im südlichen Afrika. Imani erklärt, dass sich die beiden angeblichen Besitzer um ihre Heimat streiten, das Heer der VaNguni dabei jedoch wesentlich größer und mächtiger sei.

Der Roman spielt Ende des 19. Jahrhunderts zur Zeit des Gaza-Königs Ngungunyane (1885 bis 1895). Da seine VaNguni-Krieger immer weiter zur Grenze und Nkokolani vorrücken, erhoffen sich die Dorfbewohner Schutz von den portugiesischen Kolonialherren.

Der Sargento Germano de Melo wird zum portugiesischen Grenzposten zwangsversetzt, da er sich in Portugal an einem republikanischen Aufstand beteiligt hatte. Er soll die Portugiesen an der Grenze auf die anrückende Bedrohung der VaNguni vorbereiten. Doch als er den Posten betritt, bemerkt er sofort, wie jämmerlich dieser ausgestattet ist. Die Portugiesen sind gegen die VaNguni überhaupt nicht vorbereitet.

Roman Afrika Mosambik
Bild an der historischen Festung in der Hauptstadt Maputo: Ngungunyanes Festnahme | Bild von Gerdos Line

Imanis Doppelrolle

Wie ihr Bruder Mwanatu bekommt auch Imani eine Arbeit am portugiesischen Posten in Mosambik und wird Übersetzerin für den Sargento. Der portugiesische Unteroffizier ist auf die Hilfe der einheimischen Imani angewiesen, die die Sitten und Sprachen beider Seiten kennt. In Briefen an seinen Vorgesetzten Conselheiro José D’Almeida erzählt er von seiner und Portugals Arbeit in der Kolonie.

Germano erkennt in einem Brief an, dass die Engländer bedeutende Vorteile haben, da sie die Sprache der Zulu lernen. Der „zivilisatorische Auftrag“ Portugals sei hingegen, den Einheimischen Portugiesisch beizubringen. Er bereut es, nicht die Sprache der einheimischen Völker gelernt zu haben.

Imani liest heimlich seine Briefe und gibt die Informationen an ihr Dorf weiter. Imanis Vater und Bruder Mwanatu setzen auf die Unterstützung der Kolonialisten, während der Onkel Musisi und Bruder Dubula sie verachten und auf die Krieger setzten.

Germano respektiert zwar die gute portugiesische Sprache von Imani, mit der Schriftlichkeit hält er es jedoch anders. Es scheine ihm als eine Art Übergriff, wenn Einheimische die portugiesische Schrift beherrschen. So ahnt er auch nicht, dass Imani heimlich seine Briefe liest und interveniert.

Roman Afrika Mosambik Imani
Foto aus Mosambik | Bild von Jean van der Meulen

Sprache bei den VaChopi

Der Sargento berichtet in einem Brief, wie ein Einheimischer von einem Verwalter ausgepeitscht wird. Als der Verwalter befiehlt, ihn mit einer Flusspferdpeitsche zu schlagen, erwiedert der Gefesselte, es gebe hier weder Pferde an Land noch im Fluss. Die Peitsche stamme von einem mpfufu. Wenn die Portugiesen dafür kein Wort kennen, könnten sie ruhig die Bezeichnung aus seiner Sprache leihen.

Großvater Tsangatelo bittet Imani, einen wiederkehrenden Albtraum auf ein Blatt Papier zu schreiben. Nachdem er ihr den ganzen Traum diktiert hat, steht er auf, nimmt das Papier, zerreißt es und zerstreut die Fetzen in alle Himmelsrichtungen. Es ist eine Art Zeremonie, um sich von dem Traum zu befreien.

"Die Augenlider sind Flügel, die wir noch aus der Zeit haben, als wir Vögel waren. Und die Wimpern sind die übrig gebliebenen Federn."

Imanis Vater Katini erklärt Tante Rosi das Lesenlernen so, dass sie stillehalten, warten und die Buchstaben sprechen lassen müsse. Er sieht in den Buchstaben Stimmen und Laute. Rosi soll beim Lesen Ruhe bewahren und den Text auf sich wirken lassen. Lesen sei nicht nur etwas für die Augen, sondern vor allem für die Ohren.


Die Ausgabe von Imani erschien 2019 beim Unionsverlag.


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