Inmitten von Umweltkatastrophen und Rebellengruppen im ölreichen Nigerdelta begibt sich der junge Journalist Rufus in “Öl auf Wasser” auf eine gefährliche Mission. Sein Ziel? Die Rettung der entführten Ehefrau eines britischen Ingenieurs, die das mächtige Ölkartell herausfordert.
Öl auf Wasser: Die Folgen der Ölförderung in Nigeria
„Öl auf Wasser“ (Originaltitel: „Oil on Water“) ist ein Roman des nigerianischen Autors Helon Habila, der 2010 veröffentlicht wurde und 2012 beim Verlag Das Wunderhorn auf Deutsch erschien. Die Geschichte spielt in Nigeria und handelt von den Auswirkungen der Ölförderung auf die Umwelt, die Gesellschaft und das Leben der Menschen in der Nigerdelta-Region.
Rufus‘ Suche nach Wahrheit: Die Entführung im Nigerdelta
Die Geschichte wird aus der Perspektive eines jungen nigerianischen Journalisten namens Rufus erzählt, der die Aufgabe hat, die Entführung der Frau eines britischen Ölingenieurs im Nigerdelta aufzudecken. Isabel Floode wurde von einer Rebellengruppe entführt, die gegen die Umweltauswirkungen und soziale Ungerechtigkeit durch die Ölförderung kämpft.
Expedition ins Unbekannte: Zwischen Rebellen und Militär
Während Rufus und der vermeintliche Starreporter Zaq die gefährliche Reise in das Herz des Nigerdeltas unternehmen, um Isabel zu finden und ihre Geschichte zu erzählen, gewähren sie tiefe Einblicke in das Treiben der Rebellen und des Militärs.
Anhaltende Ölkatastrophe im Nigerdelta
Nigeria ist der größte Ölproduzent Afrikas. Das Ergebnis der jahrzehntelangen Ölforderung ist die anhaltende Ölkatastrophe im Nigerdelta. Die Förderung von Erdöl geht oft mit undichten Pipelines und unsachgemäßer Entsorgung von Abfällen einher. Diese Aktivitäten haben zu erheblichen Umweltschäden geführt, einschließlich Ölverschmutzung von Flüssen, Böden und Mangrovenwäldern.
„Diese Inseln waren einmal ein großes Rückzugsgebiet für Fledermäuse; jetzt gibt es hier nur noch da und dort einige Dutzend.“
Helon Habila: Öl auf Wasser
„Wieso?“
Wortlos drehte sie sich um und zeigte zu den Ölfeldern am Horizont.
„Abgasfackeln. Die bringen sie um. Nicht nur die Fledermäuse, auch das andere fliegende Getier.“
Ein Blick auf Konflikte und Profiteure im Ölkrieg
Hinzu kommen ebenfalls anhaltende Kämpfe zwischen Ölproduzenten oder besser gesagt Interessenten. Allen, die von der Ölproduktion profitieren, was nicht selten westliche Unternehmen wie Shell und korrupte Politiker sind und denen, die in der Region leben oder vertrieben wurden und in keinster Weise von dem Ölreichtum profitieren. Genau diesen Konflikt behandelt Habila in seinem Roman „Öl auf Wasser“: Rebellengruppen und vermeintlich Kriminelle, die nicht davor zurückschrecken, Pipelines zu sabotieren und Öl zu stehlen oder ganze Inseln im Nigerdela in Brand zu setzen.
„Ich hatte keine Ahnung, wie lange sie schon Gefangene des Majors waren oder welche anderen Bestrafungen sie neben der Benzindusche bereits zu ertragen gehabt hatten, aber sie sahen allesamt erschöpft und mutlos aus. In einer einförmigen, krampfartigen Choreografie kratzten und rieben sie ihre ausgetrocknete Haut an den Stellen, an denen das Benzin sie verbrannt hatte, an denen es immer noch brannte.“
Helon Habila: Öl auf Wasser
Auswirkungen für die Bevölkerung
Die Auswirkungen der Ölkatastrophe im Nigerdelta sind heute noch spürbar und weitreichend:
- Die Ölverschmutzung hat die Wasserqualität in Flüssen und Bächen verschlechtert, die Fischerei beeinträchtigt, landwirtschaftliche Flächen verunreinigt und die Tierwelt geschädigt.
- Die Verschmutzung des Trinkwassers und der Nahrungsmittel hat zu Gesundheitsproblemen in der Region geführt, darunter Hauterkrankungen, Atemwegsprobleme und Krebserkrankungen.
- Obwohl die Region reich an Erdöl ist, leiden viele Menschen immer noch unter extremer Armut und fehlenden wirtschaftlichen Perspektiven.
- Die Ungleichheit und der Mangel an wirtschaftlicher Teilhabe haben zu sozialen Spannungen und Konflikten in der Region geführt, was zuweilen in bewaffneten Auseinandersetzungen resultiert.
Mitfühlend und Fesselnd
Vielleicht liegt es an meinen aktuellen Schwangerschaftshormonen, aber ich fand einige Stellen echt herzzerreißend. Man begleitet die Charaktere weit ins Land hinein zur Insel Irikefe und wieder zurück nach Port Harcourt. Hin und her zwischen den Nachrichtenagenturen, die unbedingt etwas über die entführte Britin in Erfahrung bringen möchten und ihre Redakteure in Krisengebiete pushen und Rebellengruppen, die ihren Verdächtigen Benzinduschen verabreichen. Und die Hauptcharaktere sitzen der Gruppe gegenüber, riechen den beißenden Benzingeruch von weitem und können nicht eingreifen. Es hat ein bisschen Zeit gekostet, in den Roman hineinzufinden, aber dann war ich auch tief drin und kann ihn auf jeden Fall weiterempfehlen.
Diese Ausgabe erschien 2012 beim Verlag Das Wunderhorn GmbH in Heidelberg.
Die Originalausgabe erschien 2010 bei Hamish Hamilton in London.